Totgesagte leben länger…

Nikon F2S chrome mit Nikkor 50/1.4

 

Immer wieder taucht diese Frage auf. Und immer wieder kann sie (noch) gleich beantwortet werden: Ja und Nein. Das liegt einfach daran, weil es verschiedene Bereiche der Fotografie gibt und damit meine ich nicht Landschaft oder Street, sondern eher die verschiedenen Gruppen von Kameratechniknutzern. Die will ich im Folgenden einmal kurz beleuchten.

 

Hier gibt es auch ein Video zu diesem Artikel.

 

 

Berufsfotografen

Wer Kameras beruflich einsetzt, wird zu 99 Prozent auf die digitalen Varianten setzen, da der Prozess schnell, einfach und preiswert ist und man im Business meist keine Zeit zu verlieren hat. Außerdem muss man heute in fast allen Bereichen schnell online liefern können, so dass sich ein analoger Prozess meist verbietet. Natürlich gibt es auch in dieser Gruppe einige Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Der ein oder andere Fotograf nutzt immer noch analoge Kameras und sogar den anlogen Prozess zur Herstellung seiner Bilder. Dies ist dann aber auch gewünscht – entweder vom Fotografen oder vom Auftraggeber. Im Großen und Ganzen spielt die analoge Fotografie bei den Berufsfotografen aber kaum eine Rolle.

 

Bilder auf der Leine trocknen

 

Erinnerungsbilder

Die zweite große Gruppe von Kameranutzern sind diejenigen, die nur Erinnerungsbilder haben wollen. In alten Zeiten wurden dafür einfache Kameramodelle möglichst mit Automatiken verwendet, meist Kompaktkameras und die Filme wurden dann im Drogeriemarkt um die Ecke abgegeben. Nach einer Woche lagen dann die mehr oder weniger guten Bilder in einer Tüte an der Fototheke. Diese Ära ist komplett vorbei, da fast alle in dieser Sparte mit dem Smartphone fotografieren. Das ist preiswert, schnell und kann auch sofort über die diversen Medien versendet werden, was auch rege genutzt wird. Zusätzlich gibt es Filter und diverse andere “Verbesserungen”, die aus dem Bild etwas “Besonderes” machen sollen. Die meisten Nutzer sind zufrieden und die Telefonhersteller versuchen immer weiter in den Markt der Hobbyfotografen vorzudringen und behaupten oft genug, dass ihr Modell eines Telefons eine ausgewachsene Kamera ersetzen würde. Das dem nicht so ist, wissen sie zwar auch aber hindert sie auch nicht daran, es in der Werbung zu versprechen. Es werden ganze “Kinofilme” mit einem Handy “gedreht” ohne dazu zu sagen, welche Verrenkungen notwendig waren, damit dass auch halbwegs einer ausgewachsenen Kamera entspricht. Natürlich können die Minilinsen nicht die Physik überlisten – eher schon die KI, die sich dann einfach die “fehlenden” Sachen ausdenkt. Bei ausreichendem Licht sehen die Bilder auch sehr gut aus. in der Dunkelheit teilt sich dann die Spreu vom Weizen. In dieser Nutzergruppe ist die analoge Fotografie definitiv tot.

 

Filmprozessor Heiland TAS im Einsatz

 

Hobbyfotografen

Die letzte gar nicht so kleine Nutzergruppe sind die Hobbyfotografen. Diese nutzen zum größten Teil auch die digitalen Kameras und Prozesse und setzen dazu manchmal parallel auch die analoge Technik ein. Der ein oder andere Hobbyfotograf nutzt gar nur die alten Verfahrensweisen. Mit dem Hobby muss kein Geld verdient werden und daher spielt Zeit eine untergeordnete Rolle. Das Geld spielt natürlich eine Rolle und daher sind viele analoge Enthusiasten schon abgesprungen, da die Materialien, wie Filme, Papier und Chemie mit der Zeit immer teuerer geworden sind. Vorteilhaft ist aber eine immer noch sehr große Auswahl an Filmen und Papieren und auch die notwendige Technik gibt es in vielen Fällen noch neu zu kaufen. Selbst Kameras werden noch neu aufgelegt, wie man an der neuen Leica M6 sehen kann. Klar ist die Kamera nur ein Revival aber besser als nichts. Ansonsten gibt es analoge Kameratechnik zu relativ guten Preisen, obwohl man sagen muss, dass diese mittlerweile auch angezogen haben. Das Verramschen der Sachen ist auf jeden Fall zu Ende gegangen. Die Frage, die auftaucht ist: “Warum nutzen noch so einige Hobbyfotografen die analoge Technik?”

 

Vergrößerer Focomat V35 im Hobbylabor

 

Warum?

Dieser Frage bin ich einmal nachgegangen und konnte verschiedene Gründe ermitteln. Inwieweit meine Aufzählungen hier stimmen, sei dahingestellt aber so kam es mir zumindest zu Ohren. Drei Argumente sind mir dabei aufgefallen:

  • Technikbegeisterung
  • Abhängigkeit
  • Symbol
  • Ergebnisse

Ich werde darauf einmal genauer eingehen.

 

Technikbegeisterung

Viele Hobbyfotografen, welche noch analog arbeiten mögen einfach die Technik und den analogen Prozess. Dabei kann sogar das Endergebnis, also das Bild nicht einmal an erster Stelle stehen, sondern der Umgang mit der Technik und der Spaß, der beim Benutzen entsteht. Das ist natürlich legitim, denn das Hobby soll in erster Linie Freude bringen. Einige andere wiederum arbeiten mit der analogen Technik und sind dadurch motivierter, weil es ihnen mehr Spaß macht und das fördert dann vielleicht auch die Kreativität und es entstehen im besten Fall sogar bessere Ergebnisse. Das kann so sein, muss es aber nicht. In der analogen Fotografie ist man oft gezwungen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das schärft zum einen den Blick für die wenigen wirklich wichtigen Einflussfaktoren eines technisch richtig hergestellten Bildes und zum anderen lenken die vielen Funktionen und Möglichkeiten der digitalen Fotografie nicht vom Fotografieren ab. Das hat sicherlich seinen Vorteil, es sei denn, man benötigt den technischen Vorsprung wirklich, wie vielleicht in der Sport- und Wildfotografie. Aber selbst dies war schon früher möglich und die Bilder waren gut genug für die notwendigen Emotionen.

 

Autolab ATL 500

 

Abhängigkeit

Das Wort ist vielleicht zu stark gewählt. Eher geht es um das beibehalten einer lieb gewonnenen Technik und Arbeitsweise, die man einfach nicht ablegen möchte. In dem Sinn: Nicht ohne meine Kamera! Damit ist natürlich die analoge Kamera gemeint 😉 Ob dies in der Realität wirklich vorkommt ist fraglich aber vorstellen lässt es sich schon.

 

Symbol

Dieser Bereich ist schon eher vertreten. Mit Symbol ist gemeint, dass jemand die alte analoge Technik und den chemischen Prozess der Entwicklung nutzt, um etwas Besonderes zu tun und damit auch selbst etwas Besonderes zu sein. Die gleichen Ergebnisse ließen sich vielleicht auch auf digitalem Wege viel einfacher produzieren aber das sähe dann nicht so toll aus – also der weg dorthin 😉 Aber vielleicht stimmt das ja auch gar nicht, deshalb auch hier ein wenig Augenzwinkern.

 

Leica MP und Olympus OM-1N – zwei tolle analoge Kameras

 

Ergebnisse

Dieser Teil der Nutzer erarbeitet Bilder, die sich in der Anmutung und von der Haptik von der digitalen Fotografie unterscheiden und die auch mit digitalen Mitteln in vertretbarem Aufwand kaum herstellbar sind. Diese Richtung wird es sicher immer weiter geben, allein um den besonderen Look der analogen Fotografie zu erhalten. In diesem Bereich arbeiten auch die wenigen Profis, die mit ihren Bildergebnissen eben genau dies erreichen wollen. Solange es Auftraggeber und Enthusiasten gibt, wird es diesen Bereich der analogen Fotografie auch weiterhin geben. Ein Ende ist vorläufig noch nicht abzusehen.

 

Fazit

Ja es gibt sie noch, die analoge Fotografie und ja es macht auch Spaß. und das ist die Hauptsache. Drücken wir mal die Daumen, dass es weiterhin gute Filme und Papiere gibt und alle anderen Dinge, die man dazu benötigt. Klar, solange wir dafür Geld bezahlen, wird sich immer jemand finden, der dies dankend annimmt. Es müssen nur genügend analoge Fotografen bei der Sache bleiben. So wie es aussieht, hat sich der Markt halbwegs stabilisiert. Das sind doch gute Nachrichten.

 

Streetfoto, analog TMAX 100