Bildkompositionen
Einleitung
Die Bildkomposition bestimmt oft maßgeblich die Betrachtungsweise des Bildes und kann den Betrachter lenken, ihn im Bild halten und bestimmte Dinge suggerieren. Es gibt einige Regeln, die in bestimmtem Maße eine Wirkung entfalten. Diese Regeln kann man nutzen, um die Bildaussage zu stärken, zu ändern oder abzuschwächen, evtl. auch zu verkehren. Aber auch das gewollte Brechen dieser Regeln und Gestaltungshinweise kann die Bildaussage verändern. Entscheidend ist, was der Fotograf beim Betrachter erreichen möchte. Ob dies dann auch eintritt, sei dahingestellt, denn jeder Betrachter wird in erster Linie seinen eigenen Schlussfolgerungen aus einem Bild ziehen, die auf seiner Gefühlswelt und Erfahrung basieren.
Nachfolgende eine kleine strukturierte Sammlung von Regeln und Gestaltungshinweisen. Folgende grobe Bereiche sollen eine Orientierung geben. Einige Regeln überstreichen aber auch mehrere dieser Bereiche, sind aber der Einfachheit halber einem Bereich zugeordnet:
- Schnitt
- Linien
- Perspektive
- Inhaltselemente
In diesem Teil 1 werden die ersten beiden Bereiche besprochen (Schnitt und Linien). Hier geht es zu Teil 2.
Schnitt
Goldener Schnitt
Teilungsverhältnis bei dem das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil gleich ist.
Verhältnis
(a+b)/a = a/b
ca. 61,8% zu 38,2%
Bild: Goldener Schnitt in einem Bild 3:2
Bild: Schwalbe
Im oberen Bild befindet sich die Schwalbe im unteren linken Schnittpunkt des Goldenen Schnittes. Des Weiteren fliegt sie auf einer aufsteigenden Diagonale und hat vor sich im Bild den größten Raum.
Im unteren Bild befindet sich Dresdner Frauenkirche genau im unteren Schnittpunkt des Goldenen Dreiecks und die Bebauungskante auf der unteren Linie. Zusätzlich bilden die Flusskanten und ein Weg Führende Linien in das Bild hinein.
Bild: Elbe und Altstadt in Dresden
Bild: Kraniche
Im oberen Bild befinden sich die beiden Kraniche exakt im unteren Schnittpunkt des Goldenen Schnitts. Die obere Getreidekante wäre durch einen etwas tieferen Kamerastandpunkt auf die obere Kante des Goldenen Schnitt gerückt. Da sie sehr kontrastarm ist, fällt es nicht auf.
Im unteren Bild ist das kontrastreiche und farblich dominierende Element im Ursprung der Goldenen Spirale. Der Blick verläuft entlang der Spirale und zurück über den Horizont.
Bild: Leuchtturm
Goldene Spirale
Die Goldene Spirale nach den Fibonacci-Zahlen wird oft zusätzlich zum Goldenen Schnitt eingesetzt, um dem Bild mehr Harmonie zu verleihen. Im Ursprung der Spirale sollte sich der Fokus befinden. Der Blick wandert oft an der Spirale entlang.
Bild: Steg im Sonnenuntergang
Im Bild „Steg mit Sonnenuntergang“ befindet sich im Ursprung der Goldenen Spirale die untergehende Sonne, welche den stärksten Kontrast aufweist und farblich durch den Rotanteil dominiert. Der Bildaufbau folgt der Drittelregel und zusätzlich verläuft diagonal der Steg zum Fluchtpunkt Sonne (Fluchtperspektive). Für den Bildaufbau wurden also folgende Regeln beachtet:
- Drittelregel – Horizont auf Linie; Stegende auf Linie
- Goldene Spirale – Fokus im Ursprung
- Diagonale – aufsteigend zum Fokus
- Fluchtperspektive – zum Fokus
Drittelregel
Die Drittelregel ist ebenfalls, wie der Goldene Schnitt eine harmonische Bildgestaltungsregel und wird oft genutzt. Im Schnittpunkt der Linien sollte sich das relevante Objekt befinden. Im nachfolgenden Bild mit dem Kiteschirm wurde neben der Drittelregel die Reduktion eingesetzt und zusätzlich verhelfen die Diagonalen zu etwas Dynamik. Für den Bildaufbau wurden also folgende Regeln beachtet:
- Drittelregel – Kite im oberen Schnittpunkt
- Reduktion der Elemente – nur Kiteschirm und Himmel
- Diagonale – aufsteigend zum Fokus
Bild: Kiteschirm
Bild: Boot
Im Bild mit dem Boot wurde der Goldene Schnitt beachtet, die Goldene Spirale und Dreiecke verleihen dem Bild Stabilität:
- Goldener Schnitt – Wasserkante auf unterer, Bootskante auf senkrechter Linie
- Goldene Spirale – Sonne im Ursprung, Wiederholung auf Linie, Spiegelungen auf dem Bootskörper
- Dreiecke – Spitzen nach oben geben Stabilität (zufällig)
Dreiecke
Dreiecke bilden ein dynamisches Element und verbinden im günstigen Fall die Hauptblickpunkte. Je nach Anordnung der Dreiecke beeinflussen sie die Bildaussage in Richtung dynamisch oder stabil (Spitze nach oben = stabil; Spitze nach unten = labil). Hierbei spielen die inhaltlichen Bildelemente aber eine große Rolle, z. B. Menschen.
Hoch- und Querformat einsetzen
Die Auswahl von Hoch- oder Querformat unterstützt die Bildaussage und sollte bewusst gewählt werden. Porträts werden meist im Hochformat aufgenommen.
Bild: Kanufahrer in der Elbe
Im Bild mit dem Kanufahrer unterstützt das Hochformat den Flusslauf und lenkt das Auge des Betrachters vom Kanuten zur Stadt und wieder zurück. Mehrere Regeln wurden bei diesem Bild angewendet:
- Goldener Schnitt – Kanu befindet sich im Schnittpunkt
- Reduktion und große Fläche mit Kontrastpunkt – Kanute
- Farben – Kanu ist leuchtend orange = Fokus
- Führende Linien im oberen Teil – Verlauf in Richtung Stadt
Linien
Führende Linie/Kurve
Führende Linien unterstützen die Blickführung des Betrachters und lenken den Blick entlang der Linien zu einem Bestimmten Punkt und weiter bzw. zurück zum Ausgangspunkt – das können z. B. auch Dreiecke oder andere Verbindungswege sein.
Diagonale
Diagonalen verleihen dem Bild mehr Spannung und führen den Blick des Betrachters entlang dieser vorhandenen oder virtuellen Linien.
Oft wirken Diagonalen nach folgendem Muster:
- absteigend (Leserichtung) = aus dem Bild herausführend
- aufsteigend = spannender, im Bild verweilend
Bild: Oper Oslo
Im Bild mit der Oper liegt diese auf der oberen Linie des Goldenen Schnittes und darunter befindet sich nur der Plattenbelag. Die Dynamik wird durch die abfallenden Diagonalen erreicht, welche durch die Diagonalen des Belages verstärkt wird. Im Ursprung der Goldenen Spirale befindet sich die helle große Fensterfront der Oper.
Wenn man das Bild spiegelt, erhält es eine ganz neue Spannung.
Bild: Seeadler
Im oberen Adlerbild erkennt man die Diagonalen in der Flugrichtung und senkrecht dazu in der Spannweite der Flügel. Vor dem Adler befindet sich mehr Raum, als dahinter.
Im unteren Bild erhält das Bild eine starke Dynamik durch die dominierende Diagonale über das gesamte Bild. Die in einem Fluchtpunkt fast senkrecht dazu verlaufenden Diagonalen schaffen etwas Tiefe und die beiden Elemente Baum und Kasten führen den Blick auf der Diagonalen zurück zum Ausgangspunkt.
Bild: Oslo Konserthus
Das Video
Ich habe zu diesem Beitrag auch ein Video auf meinem YT-Kanal hochgeladen:
folgt zeitnah