Austausch der Kameradichtungen an älteren analogen Kameras
Nikon F2 mit verschlissenen Dichtungen
Wozu Dichtungen tauschen?
Einge meiner Kameras sind vollmechanisch und etwas älter. Die Nikon F2 ist aus den 70er Jahren. Die Dichtungen der alten Kameras sind leider nicht unbegrenzt haltbar. Die Dichtungen werden nach 15 bis 20 Jahren anfangen zu bröseln oder mutieren zu Teer. Nach 30 Jahren sind sie definitiv hinüber und meist nur noch eine teerartige Masse. Dies lässt sich einfach prüfen: Die Dichtungen im Spiegelkasten oder auch in den Nuten des Gehäuses auf der Rückseite mit dem Finger berühren (oder ein Streichholz nehmen). Meist wird es kleben oder der schmierige Film bleibt gleich kleben und verteilt sich. Achtung: Wenn diese Schmiere in den Spiegelkasten kommt, lässt sie sich kaum noch entfernen. Auf dem Verschluss bedeutet dies meist das Ende der Kamera. Auch von den Mattscheiben lassen sich die Rückstände so gut wie nicht entfernen.
Für den Austausch der Dichtungen benötig man natürlich neue Dichtungen, die man online beim ‘Kameradoktor’ odern kann. Die Dichtungen sind aus hochwertigen Schäumen präzise geschnitten. Zum Einbau wird eine Anleitung mitgeliefert (per Mail). Hinweis: Der “Kameradoktor” liefert nicht mehr. Evtl. gibt es Dichtungen bei “camerasolutions”.
Dichtungssatz vom ‘Kameradoktor‘ Viktor Hälke mit detaillierter Skizze (ich habe mit dem Lieferanten nichts zu tun)
Material und Werkzeug
Für den Austausch der Dichtungen benötigt man vor allem Ruhe und etwas Zeit. Ich brauche für die Reinigung der Kamera etwas ein bis zwei Stunden und für den Dichtungswechsel noch einmal eine Stunde. Dabei habe ich aber dann keinen Stress. Folgende Dinge werden benötigt:
- Dichtungssatz für das jeweilige Kameramodell
- einen sehr kleinen flachen Schraubendreher (Uhrmacherwerkzeug, ca. 1 bis 1,3 mm Klingenbreite)
- eine griffige Pinzette, nicht zu klein (besser etwas breiter)
- Streichhölzer oder andere kleine Holzstäbchen
- Alkohol (70-prozentiger ist ok) – bitte nicht trinken! (dazu gibt’s dann Bier usw.) 😉
- genügend fusselfreie Tücher (z.B. alte Taschentücher) und eine Küchenrolle
Für die Arbeit braucht ihr etwas platz und möglichst eine weiße Unterlage (wegen dem Dreck), z.B. ein paar weiße Blätter. Wer zittrige Hände hat, sollte von der Prozedur Abstand nehmen oder sich ruhig stellen.
Die Reinigung
Zuerst müssen alle alten Dichtungen restlos entfernt werden. Dies ist keine einfache Aufgabe, da kein Krümel in der Kamera landen soll. Mit einem Plastik- oder Holzspatel (zurecht schnitzen) wird zuerst die problematische Spiegelanschlagdichtung entfernt. Die Kamera dabei so halten, das eventuelle Reste nach unten aus der Kamera fallen können, also die Spiegelkastenöffnung nach unten halten. Das arbeitet sich nicht schön, ist aber sicher. Eine verstellbare Lampe hilft dabei enorm.
Mit dem Spatel also die großen groben Teile abschaben, was meist einfach geht. Die Reste (der alte Klebefilm) gehen schwieriger ab. Mit etwas Geduld kann man das Meiste trocken entfernen. Danach mit einem Schreibendreher, welcher in ein Tuch eingepackt und mit dem Alkohol getränkt ist, die Reste ‘abweichen’ und entfernen. Der Lack wird angegriffen, wenn man zu stark mit dem Schraubendreher aufdrückt.
Anschließend die Dichtunge am hinteren Gehäuseteil entfernen (die langen Lichtdichtungen, die den Deckel abdichten). Bei der Nikon F2 gibt es noch Dichtungen am Sucher (3 Stück: zwei am Sucher und eine am Gehäuse). Diese ebenfalls entfernen und darauf achten, das kein Krümel auf die Sucherscheibe fällt. Eeventuell gibt es noch Dichtungen im Deckel (bei der Nikon F2 eine vertikale Dichtung).
Kanäle mit Alkohol endreinigen.
Sucherdichtung am Gehäuse entfernt (die beiden blanken Schrauben kamen zum Vorschein).
Dichtung am Gehäusedeckel entfernt (unterhalb der beiden blanken Nieten).
Nach der groben Reinigung alle Kanäle mit dem Alkohol penibel reinigen. Es dürfen sich keine Reste in den Dichtungskanälen mehr befinden. Den Alkohol mit einem trockenen Tuch komplett entfernen. Achtung: Alkohol nur tropfenweise auf das Tuch geben!
Ist die Reinigung erst einmal geschafft, ist der unschöne Teil der Arbeit vorbei… 😉
Dichtungen erneuern
Der Dichtungssatz enthält für eine Nikon F2 folgende Dichtungen:
- Spiegelanschlagdichtung
- Sucherdichtung am Sucher (2 Stück)
- Sucherdichtung am Gehäuse
- Deckeldichtung
- obere Lichtdichung am Gehäuse
- untere Lichtdichtung am Gehäuse
Diese Dichtungen haben alle unterschiedliche Breiten. Oft sind noch Ersatzdichtungen dabei, falls man sich beim Bestücken vertan hat und eine Dichtung unbrauchbar geworden ist. Bei ruhigem Arbeiten passiert dies aber kaum.
Spiegelanschlagdichtung
Diese Dichtung wird einfach mit der Pinzette auf den Steg gesetzt. Dabei darauf achten, dass die Dichtung am Bajonettflansch anecken kann und dann eventuell festklebt. Vorher die ‘Landung’ probieren, wenn der Klebeschutz noch dran ist. Man hat nur einen Versuch. Diese Dichtung besteht aus einem sehr leichten Material, welches sehr leicht beschädigt werden kann. Dementsprechend vorsichtig muss man damit umgehen. Den Beginn des Schutzfilms kann man mit dem kleinen Schraubendreher abheben.
Die Spiegelanschlagdichtung ist eingesetzt.
Sucherdichtung
Die Dichtungen im Sucher lassen sich relativ einfach einsetzen. Das sie sehr klein sind, muss man beim Zugreifen etwas aufpassen.
Die neuen Sucherdichtungen sind eingesetzt (links und rechts vom Schild).
Sucherdichtung am Gehäuse
Auch die Sucherdichtung am Gehäuse lässt sich problemlos einsetzen.
Die Dichtung unterhalb der Sucherscheibe.
Dichtung im Gehäusedeckel
Die Dichtung im Gehäusedeckel besteht aus dem gleichen Material, wie die Spiegelanschlagdichtung und ist daher sehr empfindlich.
Die Dichtung am Ende des Gehäusedeckels.
Dichtung im Gehäuse für Lichtschutz
Diese Dichtungen (Achtung: unterschiedliche Breite) lassen sich nur mit Geduld einsetzen. Der Anfang ist schon schwierig, da die Dichtung tief in die Nut hinein muss. Mit dem sehr schmalen und flachen Schraubendreher kann man neben der Dichtung am Rand einstechen und diese daran hindern, sich am Rand festzusetzen. Auf keinen Fall von oben auf die Dichtung drücken. In der mitgelieferten Anleitung ist dies sehr schön beschrieben. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl und Ruhe lassen sich beide Dichtungen problemlos einsetzen. Hinweis: Die obere Dichtung muss einmal unterbrochen werden (am Steg). Ist aber einfach zu sehen.
Die Dichtung Stück für Stück einsetzen (seitlich einstechen, nicht von oben!).
Fazit
Mit neuen Dichtungen ist die Kamera ein ganzen Stück besser. Sie ist nicht nur lichtdicht, sondern kann auch keine Schaden durch bröselige oder verschmierte Dichtungen mehr nehmen!
Wegen der vielen Nachfragen:
Der Kameradoktor arbeitet leider nicht mehr. Also gibt es dort keine Dichtungen mehr. Wer Dichtungsmaterial bekommt (was nicht so einfach ist, da es verschiedene spezielle Schäume sind), kann evtl. was mit der mir vorliegenden Skizze anfangen (das ist die einzige, die ich habe):
Skizze Dichtungen (anklicken)